Wer war Esra wirklich – und warum sollte sein Leben uns heute noch interessieren? Ein Schriftgelehrter aus der Zeit nach dem babylonischen Exil, dessen Name vielleicht nicht jedem geläufig ist. Doch in seinem Leben finden wir zeitlose Prinzipien geistlicher Erweckung, die auch heute noch ihre volle Kraft entfalten können.
Stell dir vor: 70 Jahre Gefangenschaft in Babylon liegen hinter dem Volk Israel. Der Tempel in Jerusalem – zerstört. Die Stadt – verwüstet. Doch Gott hatte durch den Propheten Jeremia eine Verheißung gegeben: Nach 70 Jahren würde er sein Volk zurückführen. Und genau das geschieht. Im Jahr 539 vor Christus erlässt der persische König Kyrus ein erstaunliches Edikt: Die Juden dürfen zurück in ihre Heimat. Aber wie viele machen sich tatsächlich auf den Weg? Nur ein Bruchteil des Volkes. Die meisten bleiben lieber in der Bequemlichkeit Babylons.
Hier beginnt eine faszinierende Geschichte von Aufbruch und Erneuerung. Esra, ein Nachkomme Aarons aus der Linie der Hohenpriester, tritt etwa 80 Jahre nach der ersten Rückkehrwelle auf den Plan. Was macht ihn so besonders? In Esra 7,10 finden wir sein Lebensmotto: Er hatte sein Herz darauf gerichtet, das Gesetz des Herrn zu erforschen, zu tun und in Israel zu lehren. Beachte die Reihenfolge: Erst studieren, dann leben, dann lehren.
Doch was erwartet Esra, als er nach 14-jähriger Reise endlich in Jerusalem ankommt? Einen geistlichen Scherbenhaufen. Das Volk hat Gottes Gebote bereits wieder missachtet, unrechtmäßige Ehen geschlossen, sich mit den umliegenden Völkern vermischt. Esras Reaktion? Er zerreißt seine Kleider, weint und betet – nicht nur über seine eigene Sünde, sondern über die Sünde seines Volkes. Er tritt in den Riss.
Was folgt, ist bemerkenswert: In Nehemia 8 lesen wir, wie sich das ganze Volk – Männer, Frauen, Kinder – auf dem Platz am Wassertor versammelt. Sie bitten Esra ausdrücklich, ihnen das Wort Gottes vorzulesen. Drei Stunden lang steht das Volk und hört zu. Das Wort wird nicht nur gelesen, sondern erklärt, sodass alle es verstehen. Die Reaktion? Erst Tränen der Buße, dann überwältigende Freude. Sie entdecken das Laubhüttenfest wieder – ein Fest, das seit der Zeit Josuas, also fast 1000 Jahre lang, nicht mehr gefeiert wurde. Und was tun sie? Sie setzen es sofort um. Keine Ausreden wie "das haben wir noch nie so gemacht" oder "das haben wir schon immer anders gemacht".
Was können wir von Esra lernen? Dass Erweckung mit Gottes Eingreifen beginnt, aber Menschen braucht, die bereit sind, sich gebrauchen zu lassen. Dass die gute Hand Gottes über uns wichtiger ist als alle menschlichen Sicherheiten. Dass echte Veränderung nicht Jahre braucht, wenn wir Gottes Wort ernst nehmen. Und dass Gehorsam zu tiefer, echter Freude führt.
Bist du bereit, dein Herz wie Esra auf Gottes Wort auszurichten – nicht nur zu lesen, sondern zu erforschen, zu leben und weiterzugeben?
