Hast du eine Lieblingssünde? Die Frage klingt fast niedlich, harmlos – wie wenn wir mit einem Augenzwinkern von der Tafel Schokolade sprechen, der wir nicht widerstehen können. Aber was ist mit den hässlichen Sünden? Mit dem Zorn, der immer wieder hochkocht? Mit den Gewohnheiten, die wir eigentlich hassen und doch nicht loslassen können?
Hier liegt ein erschütterndes Paradox: Wie kann es sein, dass wir als Christen, die Gott dienen wollen, tatsächlich Sünde lieben? Petrus schreibt in 1. Petrus 2,4-10 von Jesus als dem kostbaren Eckstein und davon, dass wir selbst lebendige Steine sind – berufen als königliches Priestertum, als heiliges Volk. Wir haben eine Bestimmung: Als Priester sollen wir Gott Opfer bringen und geistlichen Segen erwarten. Als Propheten sollen wir seine Wahrheit verkünden. Als Könige sollen wir über die Ressourcen herrschen, die er uns anvertraut hat – unsere Zeit, Fähigkeiten, unser Leben.
Doch was geschieht bei einer Lieblingssünde? Wir verkehren diese Bestimmung ins Gegenteil. Wie Jesaja schon sagte: Wer macht sich einen Götzen, ohne einen Nutzen zu erwarten? Genau das ist der Kern: Wir erwarten von unserer Sünde einen Segen, der größer erscheint als das, was Gott gibt. Wir bringen ihr unsere Ressourcen als Opfer dar. Wir verkünden ihre "Wahrheiten" – reden uns ein, dass wir diese Entspannung brauchen, diese Anerkennung, dieses eine Mal noch. Wir verteidigen sie sogar mit Macht, manchmal gegen die Menschen, die uns am nächsten stehen.
Eine Lieblingssünde ist nichts anderes als ein Götze, dem wir als Priester, Prophet und König dienen. Brutal, oder? Doch in Christus, dem wirklich kostbaren Eckstein, liegt die Hoffnung – denn bei ihm ist viel Gnade.
