Stell dir einen Vorhang vor – fünf Meter hoch, fünf Meter breit, handbreit dick. Ein massiver Vorhang aus kostbarstem Material: blauer und roter Purpur, Karmesin und gezwirntes Leinen. Dieser Vorhang hing im Tempel in Jerusalem und trennte das Heilige vom Allerheiligsten – dem Ort, wo Gottes Gegenwart wohnte. Niemand durfte hindurch. Wer es wagte, würde sterben. Nur einmal im Jahr, am Versöhnungstag, durfte der Hohepriester mit dem Blut eines Opfertieres durch diesen Vorhang treten. Warum diese drastische Trennung? Weil Sünde ein tödliches Problem ist.
Dann geschieht etwas Unfassbares. Jesus hängt am Kreuz von Golgatha. Drei Stunden Finsternis. Die Sünde der ganzen Welt liegt auf ihm – deine und meine. Der Zorn Gottes trifft ihn mit voller Wucht. Selbst der Vater wendet seinen Blick ab, denn seine Augen sind zu rein, um das Böse anzuschauen. "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" – dieser Schrei offenbart eine Verlassenheit, die wir nicht erfassen können. Jesus trägt die Strafe, die du und ich verdient haben. Jede einzelne unserer Sünden hätte ausgereicht für die Todesstrafe, für ewige Trennung von Gott.
Dann schreit Jesus: "Es ist vollbracht!" Und er stirbt. In genau diesem Moment, so berichtet Markus 15,38, zerreißt der Vorhang im Tempel von oben bis unten in zwei Stücke. Von oben nach unten – nicht durch Menschenhand, sondern Gott selbst reißt diesen massiven Vorhang auf. Warum steht dieser Satz genau hier? Was bedeutet dieser zerrissene Vorhang?
Jahrhundertelang hatte das Blut von Opfertieren den Weg zum Allerheiligsten nur für Momente geöffnet. Jetzt aber, durch das Blut Jesu, wird die Tür nicht nur geöffnet – sie wird für immer aufgerissen. Der Weg in die unmittelbare Gegenwart Gottes ist frei. Nicht weil Gott uns einfach liebt und deshalb die Augen zudrückt, sondern weil der Preis bezahlt wurde. Vollständig. Endgültig.
Die Frage ist: Stehst du noch von Weitem und schaust zu – oder trittst du durch diese aufgerissene Tür?